Es ist eine Revolution von oben: Zu 40 Prozent muss ein Board of Directors in Norwegen künftig weiblich sein. Doch führen Quoten wirklich zu mehr Gerechtigkeit – und sind sie gut für die Unternehmen?
Post von der Regierung erhielten zwölf norwegische Firmen im Februar. Sie wurden abgemahnt – weil in ihrem Board of Directors kaum Frauen saßen. Denn seit 2008 ist in Norwegen eine Frauenquote von 40 Prozent im Leitungsgremium von Aktiengesellschaften (ASA) verbindlich. In diesem sind Funktionen von Vorstand und Aufsichtsrat vereint. Können die AGs die Auflagen nicht erfüllen, drohen Strafen bis hin zur Auflösung. Nachdem freiwillige Initiativen der Wirtschaft die gewünschte Geschlechterbalance nicht erreichten, wurde das Gesetz im Januar 2006 eingeführt. Zur Umsetzung hatten Unternehmen dann zwei Jahre Zeit. Die meisten der rund 500 vom Gesetz betroffenen Aktiengesellschaften realisierten die Bestimmungen fristgerecht.
Gleichberechtigung zählt viel in Norwegen. Dennoch wäre dem Unternehmensverband NHO (Næringslivets Hovedorganisasjon) ein Gesetzesverzicht lieber gewesen. „Wir hätten eine freiwillige Lösung bevorzugt“, sagt Kari Mæland, die beim NHO das Projekt „Female Future“ leitet. Mit der Initiative möchte der Verband mehr Frauen in Spitzenpositionen bringen. Resonanz ist durchaus da. Allein seit 2006 haben nahezu 500 Frauen die Managementkurse von Female Future besucht, die Hälfte von ihnen erhielt daraufhin einen Sitz im Führungsorgan. Innerhalb von zwei Jahren stieg der Frauenanteil in norwegischen Boards von 19 auf 34 Prozent. Das Gesetz, so gesteht Mæland ein, hat den Aufstieg der Frauen ins Topmanagement sehr beschleunigt.
Auch Hege Gunnerud, eine der Absolventinnen der NHO-Kurse, sieht das Gesetz ambivalent. „Ich bin gegen Quoten, aber manchmal sind sie nötig, um Dinge zu beschleunigen“, sagt sie. Sie verantwortet bei dem Planenhersteller Protan den Bereich Technical Services. Neben ihrer Position in der Protan-Führung erhielt sie nach dem Karriereprogramm auch einen Sitz im Board der Hafenverwaltung von Drammen. „Freiwillige Lösungen benötigen viel mehr Zeit, und ich persönlich hätte das einer Quotenregelung vorgezogen“, erklärt Gunnerud. „Kluge Frauen und Netzwerke hätten mit der Zeit selbst bewiesen, dass Frauen auch in Spitzenjobs eine starke Leistung bringen.“
Und die Frauen in Norwegen greifen an. Nicht nur im Manageralltag. „An den Universitäten im Land sind die Frauen heute deutlich in der Mehrheit“, sagt Mæland, „es wäre eine Verschwendung von Talent, wenn wir dieses Potenzial nicht nutzen würden.“ So argumentiert auch die Regierung – und steht damit nicht alleine da. Laut einer Untersuchung von Catalyst, einer internationalen Non-Profit-Organisation, die sich für Frauen im Wirtschaftsleben einsetzt, erreichen Unternehmen mit mehr als drei Frauen in einem Top-Leitungskomitee deutlich höhere Gewinne als Firmen mit C-Level-Gremien, die nur von Männern besetzt sind. Die Studie verglich dazu Eigenkapitalrendite, Gewinnspanne und den Ertrag des investierten Kapitals von Unternehmen mit hohem und niedrigem Frauenanteil im Management. Dabei erreichten die Wettbewerber mit dem höchsten Frauenanteil eine um bis zu 53 Prozent höhere Rendite als diejenigen mit den niedrigsten Quoten an weiblichen Führungskräften. Zahlreiche andere Erhebungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen.
VIELE SETZTEN AUF FREIWILLIGKEIT – ABER ERST DAS GESETZ BRACHTE FORTSCHRITTE
Resultate in dieser Deutlichkeit kann Professor Morten Huse, Leiter des Center for Boards and Governance der Norwegian School of Management, mit seiner eigenen Forschung zwar nicht vorweisen. Aber auch er bestätigt die positiven Auswirkungen von Frauen an der Spitze. „Sie tragen entscheidend zur Vielfalt in Führungsgremien bei.“ Frauen hätten hohe soziale Kompetenzen und schafften ein gutes Arbeitsklima. In Entscheidungsprozessen achteten sie stärker auf die Qualität der Entscheidungen, wogegen es bei Männern oft heißt: Hauptsache, Entscheidung gefällt. Außerdem seien Frauen oft besser vorbereitet.
Für Huse macht allerdings vor allem die Vielfalt aller Mitglieder die Qualität eines Boards aus. Dabei zähle Persönlichkeit mehr als das Geschlecht. „Ich glaube, es gibt größere Unterschiede innerhalb eines Geschlechts als zwischen Frau und Mann.“ Dennoch befürwortet auch er das Gesetz. „Vorher gab es eine Menge freiwilliger Versuche, aber es hat sich nichts geändert.“ Das Gesetz habe zur Entwicklung wertschaffender Vorstände beigetragen.